Pfingsten

Texte und Material rund um das Pfingstfest

Die Gabe der Erkenntnis

von Georg Kardinal Sterzinsky* († 2011)

Bei der Feier der Firmung breite ich die Hände über die Firmbewerber aus und bitte für sie auch um die Gabe der Erkenntnis. Bei Gesprächen mit den Firmlingen habe ich öfter die Frage: Was bedeutet euch die Gabe der Erkenntn is? Häufig erzählen die Schülerinnen und Schüler, daß sie vor Prüfungen und bei Examen um den Heiligen Geist und seinen Beistand bitten. Dann folgt das Erstaunen, wenn ich ihnen erkläre, daß die Erkenntnis der Wahrheit weitere Horizonte hat. Was ist das für eine Wahrheit, um deren Erkenntnis die Kirche zu bitten empfiehlt? Darüber müssen wir uns zuerst verständigen. Es ist die Wahrheit über Gott, die Wahrheit über uns selber und schließlich die Wahrheit über unser Tun. Diese drei sind unlösbar miteinander verbunden. Eine Wahrheit über Gott gibt es nicht ohne Konsequenzen für uns selbst, für unser Tun und Lassen. Die Erkenntnis dieser Wahrheit- das ist nicht bloß und nicht einmal zuerst eine Angelegenheit unseres Denkens. Sonst würde uns diese Wahrheit wenig bewegen. Die Gotteserkenntnis, die Selbsterkenntnis und die Erkenntnis des richtigen Tuns setzen tief in unserem Herzen die Bereitschaft und Offenheit voraus, uns prägen und verändern zu lassen. Erkennen mündet nämlich in das An-erkennen . Ich erkenne an, daß etwas oder ein anderer ganz anders ist als ich mir ausgedacht, vorgestellt oder gewünscht habe. Und nun stimme ich dem zu und nehme mich selber zurück. Erkenntnis- das ist nur möglich in der Liebe. Das entspricht ganz der Denkart Jesu: „Niemand kennt den Vater, nur der Sohn und der, dem es der Sohn offenbaren will“ (Mt 11,27). Zur Erkenntnis der Wahrheit kommt man nur über den Weg des Herzens. Man sieht bekanntlich nur mit dem Herzen gut. Was wir auf Grund unserer Begrenztheit nicht allein vollbringen, das können wir uns schenken lassen als eine Gabe des Heiligen Geistes. Nur, sich öffnen dafür – das ist unsere Aufgabe.

Gebet

Manchmal kennen wir Gottes Willen,
manchmal kennen wir nichts.
Erleuchte uns, Herr, wenn die Fragen kommen.
Manchmal sehen wir Gottes Zukunft,
manchmal sehen wir nichts.
Bewahre uns, Herr, wenn die Zweifel kommen.
Manchmal spüren wir Gottes Liebe,
manchmal spüren wir nichts.
Begleite uns, Herr, wenn die Ängste kommen.
Manchmal wirken wir Gottes Frieden,
manchmal wirken wir nichts.
Erwecke uns, Herr, daß dein Friede kommt.
(Gotteslob Nr. 299, Text: Kurt Marti, Arnim Juhre)

Wer von den Menschen kennt den Menschen, wenn nicht der
Geist des Menschen, der in ihm ist? So erkennt auch keiner Gott
– nur der Geist Gottes. Wir aber haben nicht den Geist der Welt
empfangen, sondern den Geist, der aus Gott stammt, damit wir
das erkennen, was uns von Gott geschenkt worden ist.
(vgl. 1 Kor 2,11 – 12)

*Der Text stammt aus der Renovabis-Pfingstnovene „Die Gaben des Heiligen Geistes“ von 1996, der Autor ist in seiner Funktion zu diesem Zeitpunkt genannt.

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